Rezensionen

M. L. Wang: Blood Over Bright Haven

Wie politisch lesen ist, zeigt ‚Blood Over Bright Haven‘ von M.L. Wang, übersetzt von Ulrike Brauns, eindrucksvoll. Man nehme ein reales Szenario, z.B. eine Frau in einer Männerdomäne (lass es irgendeine Wissenschaft sein) und setze es in eine High-Fantasy-Welt. Die Wissenschaft ist Magie und die Frau Sciona Freynan, die die erste weibliche Magierin am Hohen Magisterium werden will. Die definitiv das Zeug dazu hat, da sie verbissen lernt und Magie auf einem Niveau praktiziert, von dem andere Magier nur träumen können. Und doch wird sie belächelt und nicht ernst genommen, wird Opfer von Sexismus und erlebt Übergriffe. Mir hat die Darstellung der akademischen Umgebung total gut gefallen, die Rohheit, mit der Wang gezeigt hat, was Frauen tagtäglich erleben müssen – sei es nun in einer von Männern dominierten Branche oder irgendwo anders in einer von patriarchalen Strukturen durchwebten Welt.
Dazu nehme man den Komfort, den Fortschritt mit sich bringt – für den aber andere bezahlen müssen. Man denke nur an koloniale Vergangenheiten vieler Länder, der Plünderung der Schätze und Ausbeutung der Menschen dort oder an die selbstverständliche Verfügbarkeit von billigem Fleisch, das sich auf dem Leid der Tiere begründet, die es liefern.
Herausgekommen ist ein unglaublich lesenswerter Einzelband, der seine größte Schwäche meiner Meinung nach genau darin hat. So ist die Magie bis ins kleinste Detail beschrieben (super interessant!), dabei bleibt aber für mich das restliche Worldbuilding auf der Strecke. Das kostet Atmosphäre und Tiefe, nicht nur im Weltenbau, sondern auch bei den Figuren. Sie sind nicht oberflächlich beschrieben, das nicht, aber ich kann nicht behaupten, dass ich die drei wichtigsten Figuren richtig kennengelernt habe. Sie werden hauptsächlich dadurch definiert, wer sie sind. Ehrgeizige Magierin, unterschätzter Vertriebener, wütende Waise. Ich hätte so gerne mehr von ihnen gelesen, vor allem mehr über zwischenmenschliche Momente. So kann ich die kleine, nur zart angedeutete Liebesgeschichte überhaupt nicht nachvollziehen, da sie nur erzählt, aber nicht gezeigt wurde. Ich nehme den Figuren ihre Nähe nicht ab, denn ich habe nicht mitbekommen, wie diese entstanden ist.
Die Story selbst weist ein hohes Erzähltempo auf, der Schreibstil ist eingängig und die Themen, die behandelt werden.. Sie machen einfach nur wütend! Weil sie so real sind und das Fantasysetting sie nochmal mehr hervorhebt und betont.
Es war in Summe leider nicht DAS Highlight, das ich mir erhofft habe. Aber immer noch eine Geschichte, die ich bedenkenlos empfehlen kann und werde. Schon alleine wegen des female rage, der hier perfektioniert wird. 4,5 Sterne!

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Seit zwanzig Jahren widmet Sciona jeden wachen Moment dem Studium der Magie, angetrieben von dem wahnsinnigen Wunsch, das Unmögliche zu erreichen: die erste Frau zu sein, die jemals zum Hohen Magisterium der Universität für Magie und Industrie zugelassen wird. Als Sciona endlich ihr Ziel erreicht und eine Hochmagierin wird, stellt sie fest, dass die Herausforderungen gerade erst begonnen haben. Ihre neuen Kollegen sind entschlossen, ihr das Gefühl zu geben, nicht willkommen zu sein – und stellen ihr statt einer qualifizierten Laborassistentin einen Hausmeister zur Seite. Weder Sciona noch ihre Kollegen wissen, dass ihr schweigsamer Assistent nicht immer Hausmeister war. Vor zehn Jahren war er ein nomadischer Jäger, der seine Familie auf der gefährlichen Reise von den wilden Ebenen in die Stadt verlor. Aber jetzt sieht er die Gelegenheit, die Kräfte zu verstehen, die seinen Stamm dezimiert und ihn aus seiner Heimat vertrieben haben, um die Privilegierten an der Macht zu halten. Zunächst herrscht zwischen Magier und Außenseiter ein zerstrittenes Verhältnis. Doch gemeinsam decken sie ein uraltes Geheimnis auf, das den Lauf der Magie für immer verändern könnte – wenn sie nicht vorher getötet werden.

Erschienen beim Adrian Verlag
Einzelband
Autor*in: M. L. Wang
Übersetzt von Ulrike Brauns
ET: 25.02.2025
Seiten: 480
ISBN: 978-3985852437

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